Nano in Beschichtungen


Ob Glasscheibe oder lackiertes Autoblech - alle scheinbar "glatten" Oberflächen haben eines gemeinsam: Sie sind alles andere als glatt. Unter hoch auflösenden Mikroskopen, auf der molekularen Ebene der Oberflächen, offenbaren sich regelrechte Gebirgslandschaften - und deren "Täler" sind das Problem. In ihnen sammeln sich winzige Staubkörnchen und andere Verunreinigungen, bei jedem Kontakt mit einer Waschbürste werden diese Partikel verrieben und wirken wie Scheuersand. Bis Schäden mit dem bloßen Auge erkennbar werden, vergeht zwar lange Zeit; doch wenn es erst soweit ist, kostet die Reparatur stets viel Geld.

An diesem Punkt kommen Nanobeschichtungen ins Spiel. Das Ausgangsmaterial sind - wie der Name schon sagt - Teilchen mit Größen von wenigen Nanometern, die auf einer Oberfläche - ob Glas, Metall, Kunststoff oder Gebäudewand - verteilt werden. Die Nanoteilchen verbinden sich chemisch mit den viel größeren Molekülen der ursprünglichen Oberflächenbeschichtung und gleichen dank ihrer Winzigkeit die "Täler" der Oberfläche aus. Ergebnis: Was die menschlichen Sinne bereits als "glatt" empfinden, wird nun auch auf mikroskopischer Ebene chemisch und physikalisch glatt.

Wie in vielen anderen Bereichen der Nanotechnologie, haben Forscher die Wirkung der Partikel auf Oberflächen unterschiedlichster Art von der Natur "abgekuckt". Im Mittelpunkt steht der so genannte Lotuseffekt: Der Effekt - abgeleitet von der Lotospflanze - bezeichnet die wasserabweisende Eigenschaft einer Oberfläche. Trifft ein Wassertropfen auf eine beliebige Oberfläche, so verbinden sich die Moleküle normalerweise mit den "Tälern" in der mikroskopisch feinen Struktur. Der Tropfen verteilt sich, darin enthaltene Schmutzpartikel oder auch Bakterien bleiben haften. Der Lotuseffekt bewirkt das Gegenteil: Die "Täler" in den Oberflächen der Pflanzenblätter sind mit Wachs gefüllt, der Tropfen findet kein Molekül zum "Ankoppeln" und perlt ab. Entdeckt wurde dieser natürliche Mechanismus vor rund 40 Jahren, 20 Jahre später begannen Unternehmen, diese Eigenschaft auf Produkte des täglichen Lebens anzuwenden. So kam 1999 die erste Fassadenfarbe auf den Markt, die mit dem Inhaltstoff Titanoxid "selbstreinigende" Gebäudeanstriche ermöglicht, heute gibt es auch ein breites Angebot an entsprechend präparierten Glasscheiben, die lästiges Fensterputzen nahezu überflüssig machen. Interessant ist der Einsatz von Nanobeschichtungen auch für Verkehrsüberwachungssysteme wie Mautanlagen, deren Kameras damit selbst bei starkem Regen einwandfrei funktionieren. Auch als Glaspolitur sind Nanoflüssigkeiten mittlerweile im Handel erhältlich. Ein weiteres Beispiel: Die Baubranche. So mussten bislang Betonverschalungen vor und nach jedem Einsatz aufwändig mit Ölen imprägniert und gereinigt werden, um Schalung und Betonstruktur nach dem Aushärten des Materials sauber voneinander trennen zu können. Permanente Nanobeschichtungen an den Schalelementen machen diese zeit- und kostenaufwändige Prozedur überflüssig. Kunststofffolien werden "dank Nano" stabiler, ohne bestimmte Eigenschaften wie Wasserdurchlässigkeit zu verlieren, Wärmetauscher in Blockheizkraftwerken müssen seltener gewartet werden und arbeiten effizienter, weil sich Schmutz- und Wasserpartikel nicht sammeln, sondern an den Oberflächen abperlen.

Mit Nanopartikeln beschichtete Oberflächen sind aber nicht nur resistent gegen Verschmutzung. Sie sorgen durch das "Auffüllen" der "Molekül-Täler" auch für eine höhere Belastbarkeit. Sie sind - besonders interessant für den Kraftfahrzeugsektor - kratzfest und nahezu unfällig gegenüber Rost. Oder sie sorgen für eine bessere Verträglichkeit von Implantaten im menschlichen Körper, indem Abstoßungsreaktion reduziert werden. Kurzum: Bei allen Oberflächen, die vor Schmutz geschützt werden sollen, kann der Einsatz von Nanopartikeln den gewünschten Erfolg bringen. Für die Zukunft denken Forscher bereits über die Entwicklung "selbstheilender" Oberflächen nach, indem zum Beispiel in den Lack von Autos kleinste Farbstoffkapseln gemischt werden, die sich beim Auftreten größerer Schäden von selbst entleeren und die Oberfläche quasi automatisch reparieren.

Bei all den Vorteilen von Nanobeschichtungen gibt es aber auch Grenzen der Innovation. Zwar perlt das Wasser besser ab, wenn die Frontscheibe eines Autos mit Nanoflüssigkeit imprägniert wurde; doch sobald der Scheibenwischer eingeschaltet wird, kann sich zwischen dem Gummiabrieb und dem Glas ein Film aufbauen, der bei Trockenheit Schlieren und damit eine Beeinträchtigung der Sicht verursacht. Auch bei der Behandlung von Photovoltaik-Anlagen sind die Erfahrungen eher durchwachsen. So gilt: Nanobeschichtungen haben sich in vielen Bereichen bereits bewährt, in jedem Anwendungsfall ist ob der höheren Materialkosten aber eine Kosten-Nutzen-Rechnung unbedingt sinnvoll.

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